D 20 - FALSCHER VERDACHT - Wird überarbeitet !
Im Abschnitt D 20 und den ff. U-Ordnern geht es um Fälle, in denen Menschen auf Grund eines falschen Verdachts in das Visier der Ermittlungsbehörden gerieten
01. Die schlechte Botschaft vorweg
Falsche Verdächtigungen, Fehlurteile und Ermittlungsfehler werden wir nie gänzlich aus der Realität verbannen können, das ist sicher. Ich gehe allerdings davon aus, dass 80 bis 90 % der rechtsstaatlichen Fehlleistungen vermieden werden könnten wenn die Behörden und Gerichte korrekt arbeiten würden.
Obwohl das weite Spektrum der Kriminalwissenschaften inzwischen ein fast grenzenloses Arsenal an wissenschaftlichen Methoden anbieten kann hat die Zahl der Fehlurteile und falschen Urteile nicht abgenommen. Immer öfter bin ich auch auf Fälle gestossen, in denen sehr lang anhaltend Ermittlungen gegen Personen geführt wurden, die absolut nichts mit der vorgeworfenen Tat zu tun hatten.
Immer häufiger gelingt es allerdings auch tatsächlichen Tätern durch die Maschen des gesamten Ermittlungsapparates zu schlüpfen. Es läuft also offensichtlich etwas falsch. Ich erwähne das an dieser Stelle aber nur als Hinweis. In diesem Kapitel dreht sich alles um den "falschen Verdacht".
Ich könnte an dieser Stelle eine Unzahl von Fehlern und Schwachstellen auflisten, durch die Strafverfahren aus dem Ruder laufen, zum Nachteil von Nichttätern oder zum Vorteil tatsächlicher Täter.
Ein überlagerndes Problem ist die "Inhomogenität" der Strafrechtspflege. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte ziehen nur scheinbar am selben Strang. Da stören Eitelkeiten, Machtgehabe und andere Eiertänze die neutrale und sachgerechte Zusammenarbeit teilweise so sehr, dass die eigentliche Arbeit oft durch Grabenkämpfe ersetzt wird. Die dadurch entstehenden Lücken werden durch Kungelei, Kumpanei und Kameraderie gestopft, dabei bleibt aber immer der Rechtsstaat auf der Strecke.
Die Grundursachen werden durch unser völlig veraltetes Strafprozessrecht und das ganze System der Strafrechtspflege gesetzt. Unsere Strafprozessordnung (StPO) basiert in wesentlichen Elementen noch auf der "Neufassung der Strafprozessordnung vom 01.02.1877". Die Anforderungen, Bedingungen und Möglichkeiten im Bereich der Strafrechtspflege haben sich seitdem zigmal gewandelt, eine Anpassung erfolgte aber nicht.
Was aber noch viel schlimmer ist: Die Denk- und Gedankenstrukturen innerhalb der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte, nicht zu vergessen in der Rechtsanwaltschaft, sind so verknöchert, dass jeder Reformansatz sofort erstickt wird. Eher wird der Papst Mormone als das sich diese Strukturen ohne äusseren Druck ändern werden. Dieser Zustand wird allerdings auch in allen politischen Lagern heiss geliebt, weil das bisherige System beste Voraussetzungen für alle nur erdenklichen "zweckdienlichen Manipulationen" bietet.
Viele juristische Laien fordern ja schon lange die völlige Unabhängigkeit bzw. Weisungsfreiheit für Staatsanwälte. Ich sage gleich vorweg: Diese Forderung ist kalter Kaffee, die Staatsanwaltschaften sind schon lange unabhängig: "Von den Gesetzen, von allen rechtsphilosophischen Grundlagen und den Zielen, die durch ihre Arbeit gewährleistet werden sollen. Da muss viel mehr passieren damit wir eine effiziente und gleichzeitig rechtsstaats-konforme Strafverfolgung garantieren können. Dazu gehört auch eine völlig neue Strukturierung der Aufgaben aller beteiligten Behörden und Gerichte. Dadurch würde es auch leichter, die "fahrlässigen und vorsätzlichen Versager" im System der Strafrechtspflege zu identifizieren und ggf. zur Verantwortung zu ziehen. Ausserdem würde der Arbeitsaufwand stark verringert und viel Geld gespart.
Ich habe bereits Anfang der 1980er Jahre erkannt, dass durch das bestehende System der Strafrechtspflege der Rechtsstaat eher ausgehöhlt als gestützt und geschützt wird. Die Folgen registriere ich seit langer Zeit: Die Rechtssicherheit zerbröselt zusehends und der Rechtsfrieden wird durch die inzwischen unübersehbare Rechtsverwahrlosung immer stärker gestört. Das geht nicht mehr lange gut.
02. Nun die gute Botschaft
Man kann durchaus grundlegende Änderungen herbeiführen, die Effizienz steigern und viel Geld einsparen. Vor allem aber könnten wir dadurch erreichen, dass die Bürger wieder sicherer leben können.
Ich habe die vielen Schwachstellen in der Praxis sehr gut studieren können und deshalb ein völlig neues System entwickelt. Als ich meine ersten Thesen Anfang der 1980er Jahre gelegentlich einbrachte, da gab es viele entsetzte Gesichter. Vor allem deshalb, weil viele beliebte (aber kritische) Machtpositionen radikal entschärft würden und weil auch die gefährlichsten Manipulationsmöglichkeiten und Korruptions-Mechanismen ausgeschaltet würden. Das stand auch im Manuskript eines meiner Bücher. Das sollte 1994 veröffentlicht werden, wurde mir aber zweimal gestohlen.
Ich will aber an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, das würde den Gedankenfluss im vorliegenden Thema zu sehr stören. Im Kapitel Strafrecht werde ich auch meine Reformvorschläge darstellen. Hier wird dann ein interner Link erscheinen.
Dieses Thema hat ohnehin schon unendlich viele Facetten. Deshalb schien es mir angebracht, eine erweiterte Einführung voranzustellen. Schon der folgende zentrale Knackpunkt wird das nachvollziehbar machen.
03. Es fehlen verlässliche Informationen
Die Rankingwerte bezüglich der öffentlichen Wahrnehmung lassen eindeutig erkennen: Wer bisher weder unmittelbar noch mittelbar durch einen falschen Verdacht in eine Krisensituation verwickelt wurde geht offensichtlich völlig unwissend und gefährlich arglos mit dieser Thematik um. Das führt zu vielen Fehleinschätzungen und Vorurteilen. Die Neugier ist zwar immer mal wieder gross, wenn ein besonders krasser Fall bekannt wird, aber ein nachhaltiges Interesse besteht nicht.
Grundsätzlich überrascht mich das auch nicht sonderlich. Die meisten Bürger, quer durch alle Gesellschaftsschichten, ignorieren ja auch andere wichtige Themen. Selbst höchst brisante Gesundheits- und Umweltinformationen, die eigentlich "roten Alarm" bei jedem Bürger auslösen müssten, erreichen das Hirn vieler Mitmenschen nicht.
Spannend wurde es für mich erst als ich im Rahmen verschiedener Vergleichsanalysen feststellte, dass das Desinteresse am vorliegenden Thema absolut nicht im Einklang mit anderen konvergierenden gesellschaftlichen Prozessen steht.
Als Parameter boten sich besonders folgende Themen an:
Diese Phänomene wuchern ja bereits seit Jahrzehnten durch alle Bevölkerungsschichten. Sie haben teilweise schon pathologische Formen angenommen. Mich interessierte besonders, ob in den Kreisen, in denen diese Themen ständig diskutiert werden, auch ein gesteigertes Interesse an den konkreten Auswüchsen rechtswidrigen staatlichen Handelns vorhanden ist.
Das Ergebnis war mehr als irritierend. Besonders Personen aus den Kreisen, die sich ständig bespitzelt fühlen, die praktisch keiner einzigen staatlichen Institution mehr trauen, waren diejenigen, die am ehesten Menschen misstrauten, die tatsachenwidrig einer Straftat verdächtigt worden waren. Von solchen Personen kamen überzufällig häufig Sprüche wie: "Wo Rauch ist da muss auch Feuer sein", "die Polizei sucht sich doch nicht einfach einen aus und verdächtig ihn ohne Grund…".
Das ist das Ergebnis einer wiederholt durchgeführten mehrspurigen Beobachtungsreihe, die in rund 30 Jahren zu diesen Erkenntnissen führte. Auch die Medienauswertung ergibt das gleiche Bild. Wenn man diese Erkenntnisse mit einbezieht, dann kann man sich das Desinteresse an diesem Thema schon nicht mehr so richtig erklären.
Insgesamt konnte ich feststellen, dass dieses Thema für die Mehrzahl der Bürger keinen besonderen "Reizfaktor" darstellt. Begründet wurde das regelmässig so: "Das passiert doch so selten, da muss man schon grosses Pech haben" oder "Darüber wird ja selten berichtet".
04. Der zentrale Irrtum
Die meisten Menschen glauben offensichtlich man könne eher 3-mal hintereinander 6 Richtige im Lotto haben als Opfer eines falschen Verdachts zu werden. Das ist ein absoluter Irrglaube. Er beruht zweifelsfrei nur darauf, dass es kaum Informationen gibt, die eine reale Einschätzung ermöglichen. Das Desinteresse der Bürger ist wohl einzig und allein darauf zurückzuführen.
Die meisten Menschen, die durch einen falschen Verdacht belastet wurden, kamen und kommen nicht in Haft, deshalb ist die öffentliche Resonanz meistens nur sehr gering. Trotzdem haben sie oft die gleichen Probleme wie die Personen, die auf Grund eines falschen Verdachts inhaftiert wurden und manchmal sogar noch viel grössere. Deshalb warne ich vor laienhaften Vorverurteilungen und mahne schon an dieser Stelle die Medien besonders. Sie versuchen ja immer wieder den Eindruck zu erzeugen als seien sie die letzten Hüter von Recht und Freiheit. Was sie allerdings in solchen Fällen vielfach anrichten, das kommt jenen Erscheinungen sehr nahe, die in der Zeit der "Hexenverfolgung" abgelaufen sind.
Die folgenden Namen wurden wahllos aus einer sehr umfangreichen Liste herausgegriffen:
Horst Arnold, Jörg Kachelmann, Ralf Witte, Karl-Heinz Wulfhorst,
Harry Wörz, Klaus Pengel, Joachim Kalz, Monika De Montgazon,
Eduard Zimmermann, Peter Böttcher, Klaus-Dieter Overbeck,
Thomas Ewers, Fritz Kerler, Ulvi Kulac,
Hermine Rupp und ihre beiden Töchter nebst dem Verlobten der einen Tochter,
und viele andere,
glaubten ganz sicher auch nicht, dass sie irgendwann Opfer eines falschen Verdachts werden könnten. Das dachten sie sicher bis zu der Sekunde, in der ihr Leben durch Fehler oder die Willkür dritter Personen abrupt gegen eine virtuelle Wand krachte.
Es sind nur ein paar Beispiele von unendlich vielen. Es sind alles Fälle, die öffentlich bekannt wurden. Ich gehe nach langen Jahren der Erforschung davon aus, dass (min.) 85 % aller Fälle nie bekannt werden. Die meisten Fälle bleiben schon deswegen unbekannt, weil es keine amtlichen Erhebungen darüber gibt wie oft Menschen durch einen falschen Verdacht geschädigt werden. Die Geschädigten schweigen regelmässig auch über ihre Erlebnisse bzw. haben keine Ansprechpartner. Sie haben bisher auch "keine gemeinsame Stimme", sie haben keine Lobby. Das will ich ändern.
Ich möchte hiermit auch alle Menschen ansprechen, die bisher von derartigen Erfahrungen verschont blieben. Im Falle eines Falles könnten die folgenden Informationen sehr nützlich sein. Viele Menschen glauben auch, dass ein falscher Verdacht nur dann Folgeprobleme entwickelt wenn die Betroffenen in U-Haft oder Strafhaft genommen werden. Auch das stimmt absolut nicht.
Allerdings hat das Thema "Falscher Verdacht" nicht nur im strafrechtlichen Bereich seine Brutstätten. Insbesondere in beamten- und arbeitsrechtlichen Verfahren spielt der falsche Verdacht eine ganz herausragende Rolle. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch die vielen Fälle, in denen in Trennungs- oder Scheidungsprozessen gezielt mit dem Mittel der falschen Verdächtigung agiert wird.
05. Falscher Verdacht - Das ist das Kernproblem
Ein falscher Verdacht kann durch viele verschiedene Umstände oder Einflüsse aufkeimen und zu schweren Folgen für die Betroffenen führen. Auf die vielfältigen Ursachen komme ich im weiteren Verlauf der Abhandlung zu sprechen.
Es geht hierbei aber konkret nur um die Frage: Hat jemand eine strafbare Handlung ausgeführt oder nicht.
Es geht hier nicht um die Frage ob sich jemand schuldig fühlt oder nicht. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Wenn eine Person tatsachenwidrig verdächtigt wird eine strafbare Handlung begangen zu haben, dann wird das regelmässig unter der Überschrift "Unschuldig unter Verdacht" oder "Unschuldig in Verdacht geraten" verbreitet. Diese Beschreibung ist im Prinzip völlig falsch.
Ein Verdacht entsteht entweder berechtigt oder unberechtigt.
Die Verdachtserhebung erfolgte tatsachengerecht oder erfolgte tatsachenwidrig.
Im Fall des unberechtigten Verdachts sollte man deshalb von einem "falschen Verdacht" oder von einem "tatsachen- und rechtswidrig eingeleiteten Ermittlungsverfahren" reden und schreiben, nur das trifft den Kern der Sache.
06. Täter oder nicht Täter - statt - Schuldig oder Unschuldig
Das ist die konkrete Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellen muss, denn die Benutzung des Begriffs Schuld ist in der Form, in der sie allgemein gebraucht wird, letztlich irreführend. Die Schuld ist, neben der Tatbestandsmässigkeit und der Rechtswidrigkeit, das dritte Grundelement einer Straftat. Wer schuldunfähig ist kann deshalb trotzdem Täter sein, auch wenn er strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Ich erwähne das nur, damit sich im Zweifelsfall niemand verhaspelt, wenn es wirklich um Details geht.
Wenn also der falsch Verdächtigte aussagt, "ich bin unschuldig", dann sitzt er prinzipiell schon zu 2/3 tief in der Tinte. Das würde nämlich bei präziser Wertung bedeuten er gibt die Tat zu, will aber damit ausdrücken, dass er im Zustand der Zurechnungs-Unfähigkeit gehandelt hat.
Insofern ist sogar der § 344 StGB zumindest teilweise ein Pannenkonstrukt. Diese strafrechtliche Norm existiert nämlich unter der Überschrift "Verfolgung Unschuldiger".
07. Also Täter oder kein Täter
Es geht hier um die Fälle, in denen Menschen nachweisbar unschuldig in den Verdacht gerieten, eine Straftat begangen zu haben.
Ich bitte um Verständnis, dass ich mich auf der Website konkret nur mit den Fällen befassen kann, die definitiv sicher überprüfbar sind oder zumindest in einem so hohen Mass durch belastbare Indizien abgesichert sind, dass alle sachlich und juristisch begründbaren Zweifel weitgehend auszuschliessen sind. Grenzfälle, bei denen es z. B. um verminderte Zurechnungsfähigkeit oder um Fragen der Fahrlässigkeit geht, werde ich hier nur vereinzelt abhandeln.
Ansehen und analysieren ist aber eine andere Sache, das mache ich jederzeit, wenn der Betroffene willens und in der Lage ist, die Widersprüche aufzulisten und zu erklären was aus seiner Sicht falsch ist.
Leider kann das Thema "Täter oder nicht Täter" in seltenen Einzelfällen zum juristischen Minenfeld werden, weil auch nach langen und wiederholten kriminalwissenschaftlichen Untersuchungen nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Betroffene Täter ist oder nicht.
Diese Frage ist ohnehin ein zweischneidiges Schwert.
08. Die eine Seite und die andere Seite
Die Verfolgung Unschuldiger gehört zu den schwersten, gefährlichsten und folgenreichsten Fehlern, die durch staatliche Institutionen begangen werden können. Bereits die leichtfertige und undifferenzierte Verdachtserhebung kann schwere Folgen für die betroffenen Menschen nach sich ziehen, auch wenn das Verfahren bald eingestellt wird. Wenn dann noch eine grössere Öffentlichkeitswirkung hinzukommt werden regelmässig langfristige Schäden erzeugt, manchmal ist sogar die gesamte weitere Lebensgestaltung für immer davon betroffen. Diese Folgen treten immer dann verstärkt ein, wenn die vorgeworfene Tat besonders heftige soziale Reaktionen hervorruft oder z. B. bestimmte Berufsgruppen betrifft.
Andererseits ist es wichtig die Täter zu bestrafen, die tatsächlich gegen Gesetze verstossen haben. Jeder einzelne Fall, in dem ein Straftäter ungeschoren davon kommt, hebelt die general-präventive Wirkung des Strafrechts ein wenig mehr aus. Je öfter ein Straftäter Vorteile aus einer Straftat ziehen kann, desto schwerwiegender werden sich die Folgen entwickeln. Viele Straftäter stufen ihre Tat dann als Erfolgsmodell ein und steigern das Mass ihrer kriminellen Energie im Regelfall auf den nächsten Level. Mehr als ausreichend Beispiele habe ich in der Praxis selbst erlebt.
Die Auswirkungen machen sich meistens leider erst mittel- bis langfristig bemerkbar und gefährden dann den Rechtsfrieden und das Sicherheitsgefühl im sozialen Umgang mit anderen Menschen ganz enorm. Dazu kommt der Ansehensverlust den der Rechtssaat erleidet wenn ersichtlich wird, dass Ermittlungs- und Verfahrensfehler dazu geführt haben, dass Straftäter der Strafe entgehen. Und man darf auch die hohen finanziellen Schäden und Verluste nicht vergessen, die Folgewirkungen von Straftaten sind.
Zur Vermeidung eines falschen Eindrucks will ich deshalb ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich auf der anderen Seite auch alles daran gesetzt habe, jeden tatsächlichen Straftäter zu überführen, wenn das abgesichert möglich war. Unrecht entsteht nämlich auch dann, wenn echte Täter davon kommen.
09. Die Ursachen für falsche Verdächtigungen sind insgesamt sehr vielfältig
Es ist keinesfalls so, dass vorwiegend Fehler der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts dazu führen, dass ein falscher Verdacht erhoben und verfolgt wird. Meist liegt es daran, dass eine einzige Weiche falsch gestellt wird, dann läuft alles schief. Bei der Eisenbahn kriegen dann die Schrotthändler neues Material, im Rahmen der Strafrechtspflege werden Menschen "verschrottet".
Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.
Das unmittelbare "Behörden- oder Organisationsversagen also das Versagen ganzer Behörden und Gerichte, wie es von vielen Medien gerne in vielen bunten Farben gemalt wird, ist somit gar nicht der Regelfall.
In den Fällen, in denen Themen berührt werden, die gerade durch den jeweiligen politischen oder medialen "Mainstream" hochgepuscht worden sind, kommt das natürlich sehr verstärkt vor. Wenn konkrete politische Interessen berührt werden, das können oft nur Insider erkennen, dann ist das Organversagen die wesentliche oder sogar die alleinige Ursache.
10. Trotz allem - Die Verantwortung für jedes Verfahren tragen die Behörden und Gerichte
Man darf diese beiden wichtigen Fragen aber niemals 1:1 gegeneinander aufwiegen, das ist der kürzeste Weg in die Katastrophe. Beamte und Richter, die sich einfach aus Bequemlichkeit für einen der beiden Wege entscheiden oder als "ferngesteuerte Weltretter" agieren, sind besonders im Bereich der Strafrechtspflege völlig fehl am Platz.
Beamte und Richter tragen letztendlich immer die Verantwortung, bis auf wenige Ausnahmefälle, wenn ein falscher Verdacht Folgen entwickelt. Auch wenn falsche Zeugenaussagen oder andere falsche oder gefälschte Beweismittel im Zentrum eines fehlgeleiteten Verfahrens stehen, bleibt die Verantwortung beim Staat und den zuständigen Organen. Der Grundsatz, "In dubio pro reo" (im Zweifelsfall für den Verdächtigen / Beschuldigten / Angeklagten), ist zwar nicht in der Verfassung verankert, er hat allerdings unmittelbare verfassungsrechtliche Wirkung. Er wird im deutschen Recht abgeleitet aus Art. 103 Absatz 2 GG, Art. 6 Absatz 2 EMRK sowie aus § 261 StPO.
Das Engagement muss gleichmässig verteilt werden, Unschuldige schützen, Schuldige überführen. Nur so kann der Rechtsfrieden gesichert werden. Er ist ein immens wichtiger Bestandteil für den Erhalt guter sozialer Bedingungen in einem Staat. Das geht auch, das weiss ich aus langer praktischer Erfahrung. Man muss sich nur jeden Tag neu daran erinnern was man tut, weshalb und für wen. Die Arbeit muss frei von emotionalen Einflüssen sein und stets ein absolut neutrales Fundament haben. Auch das geht, das habe ich stets bewiesen.
11. Wir müssen aber noch unterscheiden
Wer war schuld an dem falschen Verdacht? Waren es nur Fehler der Behörden, der Gerichte, eines Sachverständigen / Gutachters oder war es z. B. eine falsche Zeugenaussage, die einfach nicht mit gebotener Sorgfalt sachverhaltsbezogen analysiert wurde?
Zeugenaussagen im Zusammenhang mit Beziehungsdelikten, die allein die Grundlage eines Strafverfahrens waren, habe ich stets durch eine ganze Reihe immer feiner gestalteter Siebe und Filter geschickt. In allen Fällen, die ich bearbeitet habe, konnte niemand dieses Sperrwerk überwinden, der andere "aus Frust oder Rache in die Pfanne hauen wollte".
Ich habe eine ganz einfache Methode parat, die ich vom FBI übernommen und verfeinert habe: Die "Crime-Reconstruction" (Rekonstruktion des Tatablaufs) und die "Crime-Scene-Reconstruction" (Rekonstruktion des Verbrechens am Tatort). Das bedeutet, das Opfer musste den Tatablauf darstellen, nach Möglichkeit am echten Tatort und unter den gleichen Bedingungen. Im Prinzip könnte das jeder Polizeibeamte in Deutschland, das entsprechende kriminalwissenschaftliche Rüstzeug wird im Studium vermittelt.
Es gibt allerdings viel zu viele Beamte die zu faul oder zu arrogant sind, dieses Wissen in der Praxis zu nutzen.
Juristen, die nur das "normale" Jurastudium absolvierten, haben im Regelfall keine nennenswerte Ausbildung, die sie dazu befähigt, Falschaussagen (Lügen von Zeugen / Geschädigten) zu erkennen. Auch andere Details eines Sachverhalts, insbesondere komplizierte Indizienketten, können sie nur mit dem "gesunden Menschenverstand" überprüfen, wenn er denn vorhanden ist…
12. Ein zentrales Problem ergibt sich auch noch aus folgender Tatsache:
Der Wert der juristischen Ausbildung wird allgemein völlig überschätzt. Dieser Fehleinschätzung erliegen auch viele Juristen selbst. Ich will das mal überspitzt ausdrücken: "Juristen, die ein Krankenhaus leiten, glauben irgendwann, sie könnten auch Herzoperationen durchführen".
Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert?
Zitat Johann Wolfgang von Goethe:
„Was ich studiere?
Zuvörderst die
Distinktionen (Unterscheidungen) und Subtilitäten (Spitzfindigkeiten),
wodurch man Recht und Unrecht einander ziemlich ähnlich gemacht hat;
das heißt, ich studiere auf einen Doktor beider Rechte.“
Psychologie, Soziologie, Sozialwissenschaften und vor allem die Kriminal-Wissenschaften (Kriminologie, Kriminalistik und Kriminaltechnik) gehören einfach nicht zu ihrer Ausbildung. Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte haben davon grundsätzlich keine Ahnung. Bei vielen entwickelt sich nach vielen Jahren durch "Learning bei doing" (Lernen durch Erfahrung) ein rudimentärer Wissensstand, wenn sie dann ihren Beruf noch mit "voller Hingabe", so wie vom Beamten und Richterrecht gefordert, ausüben.
Deshalb sind die meisten Staatsanwälte und Richter auf Sachverständige angewiesen, wenn sie die Ermittlungsergebnisse der Polizei nicht ausreichend verstehen. Ausserdem ist es auch viel bequemer irgendwelchen Sachverständigen einen Auftrag zu erteilen, so kann man aufwendige Arbeit vermeiden und sich völlig auf das Gutachten zu verlassen. Wenn es schief geht: "Ätsch, der Sachverständige war es!" Der Mist der dadurch erzeugt wird könnte alle Wüsten der Erde schlagartig in fruchtbares Ackerland verwandeln und würde noch für weitere Wüstenplaneten ausreichen.
Hinweis zur Vermeidung von Missinterpretationen: In sehr vielen Fällen ist die Einschaltung von Sachverständigen zwingend geboten. Das Wissen von Chemikern, Toxikologen, Biologen, Rechtsmedizinern oder Elektroingenieuren, Materialprüfern (z.B.) ist einfach unverzichtbar. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass der Auftrag für das Gutachten so eindeutig formuliert ist, dass keine Missinterpretationen möglich sind. Vor allem muss aber sichergestellt sein, dass die Beamten und Richter, die das Gutachten als Beweis verwerten, die inhaltliche Bedeutung auch verstehen können. In dieser Hinsicht passieren die meisten Fehler, da viele Beamte und Richter sich nicht genügend Wissen aneignen, dass für das ausreichende Verständnis spezieller Gutachten unbedingt notwendig ist.
Aber was auch immer die Grundursache für einen Ermittlungs- oder Verfahrensfehler ist, die Behörden stehen und bleiben stets mindestens zu 51 % in der Verantwortung. Auch dann, wenn es durch falsche Zeugenaussagen, die zunächst plausibel erscheinen, zu einem falschen Verdacht kommt. Das gleiche gilt auch für Gutachten usw.
Es ist keinesfalls so, dass falsche Zeugenaussagen regelmässig vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich erfolgen. Manchmal kann man ihnen nicht mal einfache Fahrlässigkeit vorwerfen, weil jeder andere Mensch unter den gegebenen Umständen zum gleichen Beobachtungsergebnis oder zur gleichen Schlussfolgerung gelangt wäre.
Zeugenaussagen sind aus kriminalwissenschaftlicher und juristischer Sicht einfach das schlechteste Beweismittel, das ist eine Tatsache. Deshalb ist es wichtig, jede Zeugenaussage zumindest auf Plausibilität zu überprüfen und festzustellen ob ein mögliches Motiv für eine falsche Aussage vorliegen könnte oder ob Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die aussagende Person aus irgendeinem Grund den Tatsachen- und Wahrheitsgehalt der Angaben nicht objektiv begründen kann. Ganz besonders hellhörig werden muss man, wenn Sexualstraftaten angezeigt werden.
Es gibt darüber hinaus aber noch eine enorme Vielzahl von Motivlagen, in denen ein falscher Verdacht sogar zielgerichtet konstruiert wird und trotz vielfältiger klarer Gegenbeweise über mehrere Instanzen nicht beseitigt werden kann, wenn irgendwo ein Sachbearbeiter auch nur einen winzigen Fehler macht, wenn er befangen ist oder wenn ein Verfahrensergebnis gewünscht wird, das anderen Zwecken dienen soll als denen der rechtsstaatskonformen Strafrechtspflege.
Ein rasant zunehmendes Problem im Zusammenhang mit falscher Verdächtigung ergibt sich durch Aussagen von Menschen mit geistigen, seelischen oder psychischen Störungen, weil auch deren Zahl stark zunimmt. Potentielle Akteure kommen nicht nur aus dem Kreis jener Personen, bei denen Geisteskrankheiten oder Verhaltensstörungen evident diagnostiziert wurden. Es gibt immer häufiger auch Fälle, in denen eine manifeste Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit dahinter steckt. Solche Fälle kann man allerdings recht einfach aufdecken, wenn man sorgfältig arbeitet und sich nicht selbst auf Grund mentaler oder psychischer Störungen im Zustand einer "Dauerpanne" befindet.
Es gibt aber schon lange eine zunehmende Zahl von Menschen, deren Störungspotential unterhalb dieser Schwelle abläuft. Sie fallen im Alltag regelmässig nicht gross auf, weil durch die Gesellschaft inzwischen selbst schon schwerste pathologische Verhaltensabweichungen einzelner Menschen oder Gruppen hingenommen werden.
Wobei zu bemerken ist, dass dieses Verhalten keineswegs Anzeichen für Toleranz ist. Es ist eine Mischung aus komplett tiefgründiger Blödheit und Gleichgültigkeit, wenn grosse Teile der Bevölkerung Verhaltensweisen hinnehmen, die im Grunde nur immense Gefahren erzeugen und viele Schäden erzeugen. Sobald es irgendein ein "Freak" schafft irgendetwas als "Cool" zu klassifizieren, auch wenn es völlig abwegig, asozial und völlig sinnlos ist, finden sich haufenweise neue "Idiotenanwärter", die ihren gesunden Menschenverstand schlagartig über Bord werfen, nur um auch fortan als "Cool" zu gelten. Das Verhalten derart entgleister Individuen führt vielfach dazu, dass Straf-Verfahren plötzlich vollkommen aus dem Ruder laufen. Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter, die diese Parallelwelt nicht kennen und einschätzen können, haben nicht die geringste Chance ein Strafverfahren sachgerecht zu beenden.
Drogenkonsumenten spielen in diesem Zusammenhang natürlich auch eine ganz besondere Rolle, weil sie sich ja gezielt der Realität entziehen wollen. Gleiches gilt für Medikamenten- und Alkoholabhängige. Sie verfremden ihre Aussagen oft in Abhängigkeit von der "Wolkenfarbe", die gerade durch ihr geschädigtes Hirn zieht.
Weiterhin treten im Zusammenhang mit Falschaussagen / falscher Verdächtigung oft Personen in Erscheinung, die nur über eine (z. T. stark) eingeschränkte Wahrnehmungs- und Beurteilungsfähigkeit verfügen, obwohl keine geistige Störung (i.e.S.) oder ein Intelligenzdefizit vorliegt.
Infolge einseitiger Erziehung oder auf Grund vergleichbarer späterer dogmatischer Einflussnahme entsteht bei immer mehr Menschen eine totale "soziale Verblödung" (das ist nicht als Schimpfwort gedacht). Immer mehr Menschen verirren sich in unserer reizüberfluteten und fast schrankenlosen Welt. Kultur- und Werteverluste lösen Identitätskrisen aus, sie werden orientierungslos und können sich in der realen Welt nicht mehr zurechtfinden. Sie suchen nach Halt und landen oft in den Armen irgendwelcher weltlichen oder religiösen Sektierer.
Ihr Denk- und Verhaltensschema verengt sich oft nach kurzer Zeit so sehr, dass sie fern jeglicher Realität leben. Aussagen von Personen aus diesem Spektrum sind vielfach völlig unbrauchbar, denn sie neigen regelmässig dazu, nunmehr ihr "neues Weltbild" als ausschliesslich gültige Messlatte für die Beurteilung aller Lebensvorgänge einzusetzen. Beim geringsten Verdacht, dass Zeugen / Geschädigte diesem Spektrum zuzurechnen sind, sollte man stets sehr tiefgründig nachfragen.
Die Palette von Personen, die man die man diesem realitätsfremden Spektrum zweifelsfrei zuordnen kann, ist sehr viel grösser als Sie wahrscheinlich annehmen.
Das gilt allerdings nicht nur für Zeugen und Geschädigte.
13. Befangene Beamte und Richter
Ich habe in der Praxis vielfach beobachten können, dass Beamte und Richter, die einseitig politisch oder religiös geprägt waren, oft vom neutralen Kurs abgewichen sind. Noch weitaus häufiger konnte ich allerdings paradoxe Reaktionen von Beamten und Richtern registrieren wenn in einem Fall das Thema "Sexualität" vorkam und sei es auch nur am Rande.
Ich konnte sehr häufig feststellen, dass ausgerechnet die Beamten und Richter, die allgemein durch eine extreme bis schon perverse Triebhaftigkeit auffielen, selbst das völlig normale Sexualverhalten anderer Menschen als "widerwärtig" einstuften. Wurde z. B. bei der Durchsuchung einer Wohnung ein Dildo entdeckt, dann wurde die darin lebende Frau sofort als "Sau" klassifiziert. Im Fall eines Mannes reichte oft ein Pornoheft dazu, den Besitzer als "Wichser" zu deklassifizieren.
Ein ganz besonderer Präzedenzfall, er liegt lange zurück. Ich wurde mit einigen meiner Mitarbeiter zur Unterstützung bei einer Durchsuchung angefordert. Die Wohnung eines Ehepaars um Mitte 40 sollte durchsucht werden. Gegen beide hatte sich der äusserst vage Verdacht einer strafrechtlichen Verfehlung ergeben. In der Wohnung wurde nicht die Spur von Beweismitteln gefunden, die den Verdacht erhärten konnten bzw. als Hinweise auf andere Straftaten gaben. Beide waren auch bisher nie irgendwie strafrechtlich in Erscheinung getreten und völlig integer. Aber es wurde ein Dildo gefunden. Er befand sich in einer ungeöffneten Geschenkverpackung. Desgleichen ein Pornoheft, es war noch in Kunststoff-Folie verpackt. Anmerkung: Es ging auch nicht ansatzweise um eine Sexualstraftat. Mir verschlug es die Sprache als ich feststellte, wie abschätzig die Eheleute sofort nach diesem Fund behandelt wurden. Noch schlimmer waren allerdings die internen Reaktionen bei einer Besprechung mit einem Staatsanwalt und einem Richter. Es waren Personen dabei, auf die passte die Beschreibung, die ich im vorhergehenden Absatz erwähnte. In den meisten Fällen endeten solche Situationen damit, dass ein paar unpassende Floskeln fielen. In diesem Fall mündete das aber in einer diskriminierenden und gefährlichen Legendenbildung. Da ist mir der Kragen geplatzt. Drei besonders üble Gestalten befinden sich seitdem vermutlich immer noch im Zustand der Schockstarre.
Die schwer gestörte Selbst- oder Eigenwahrnehmung bei Beamten und Richtern ist ein Problem, dass ich in erschreckend vielen Einzelfällen beobachten konnte. Ausserdem gelingt es vielen nicht ansatzweise, ihr persönliches Weltbild morgens zu Hause unter Dusche abzustreifen. Der Vollständigkeit halber will ich aber anfügen, dass ich diese Feststellungen aber auch in anderen Berufszweigen machen konnte, die unmittelbare Machtpositionen gegenüber anderen Menschen generieren. Das ist ein Thema an dem zahlreiche Lunten brennen.
Beamte und Richter, die ein Strafverfahren bearbeiten, müssen zumindest wissen, dass diese abweichenden Verhaltensweisen existieren, damit sie entsprechende Fehlinterpretationen erkennen und vermeiden können.
14. Die allgemeinen Folgen solcher Fälle
In den folgenden Jahren fand ich Hinweise dafür, dass sich der laxe Umgang mit den Folgen rechtswidriger Ermittlungsverfahren langsam aber sicher zu einer Komponente entwickeln wird, aus der zusammen mit anderen kritischen Vorgängen im Staat ein enorm gefährlicher sozialer Sprengstoff werden könnte.
Zumindest das unmittelbare Umfeld der Betroffenen wird im Regelfall von vornherein über einen solchen Fall informiert sein. Auch in der Nachbarschaft, im Arbeitsumfeld, im Freundeskreis, in Vereinen und sonstigen Gruppen, in denen man den Verdächtigen kennt, werden Informationen durchsickern. Auch ohne gezielte Propaganda wird demzufolge eine ziemliche grosse Zahl von Bürgern als "Kerninformation" erfahren, dass gegen eine ihnen bekannte Person ein Ermittlungsverfahren geführt wird, dass auf Grund eines zweifelhaften Verdachts entstanden ist.
Egal, wofür sich der informierte Personenkreis entscheidet, ob sie den Verdächtigen für schuldig oder unschuldig hält, die Gerüchteküche zieht weite Kreise. Stichproben ergaben, dass im Regelfall mindestens 100 Personen aus dem Umfeld Betroffener Kenntnis von dem Fall erhalten, im Fall von U-Haft mindestens 200 Personen. Wird der Fall in den lokalen Medien aufgegriffen, dann sind das schon tausende von Menschen, die darüber etwas hören.
Was meinen Sie, was in der Gedankenwelt dieser Menschen am Ende haften bleibt?
Zunächst steigt die allgemeine Verunsicherung: Wem kann man trauen, wem nicht? Am tiefsten gräbt sich das Misstrauen gegenüber dem Staat und seinen Organen ein, wenngleich nach kurzer Zeit nur noch eine völlig undifferenzierte Gedankenmatrix übrig bleibt. Und genau das schadet dem Ansehen des Staates besonders. Wenn sich solche Fälle regelmässig wiederholen, verstärkt sich das bis hin zur offenen Ablehnung des Staates.
Wenn die Betroffenen dann auch noch auf den Kosten sitzenbleiben, die durch den Aufwand für ihre Rehabilitierung entstanden sind, was praktisch sogar der Regelfall ist, verstärken sich diese allgemeinen Auswirkungen. Wenn weitere Folgen hinzukommen, wie wirtschaftliche Schäden durch Arbeitsplatzverlust, Zerstörung von Familien oder die Insolvenz von Unternehmen, dann ergeben sich langwellige und sehr subtile Einflüsse, die an der Grundsubstanz unseres Staates knabbern.
Dadurch wird ein allgemeines Gefühl der Rechtsunsicherheit erzeugt, der Rechtsfrieden wird nachhaltig gestört und vor allem sinkt das Vertrauen in den Staat inzwischen teilweise in uferlose Abgründe.
Während der Staat und alle seine Institutionen die langsam aufquellenden Probleme ignorierten bzw. überhaupt nicht erkannten, reagierte die gesamte Palette staatsfeindlich eingestellter Agitatoren sehr früh.
Frustrierte Sonderlinge, Berufs-Querulanten, Verschwörungstheoretiker, Extremisten und sonstige ideologisch vergaloppierte Einzelpersonen und Gruppierungen kümmerten sich schon sehr bald um die Opfer falscher Verdächtigungen. Sie nutzten die Einzelfälle sehr subtil, indem sie daraus Beispiele für das "generell menschenfeindliche Agieren des Staates konstruierten". Bis Ende der 1980er Jahre besetzten vorwiegend links orientierte Gruppierungen das Thema, sie wollten sich dadurch weiteren Freiraum für ihre eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten verschaffen.
Dadurch, dass schon seit Beginn der 1980er Jahre immer mehr linke Extremisten / Terroristen einen völligen Paradigmen-Wechsel vollzogen, landete das Know-how auch ohne Umschweife im rechts-extremistischen Bereich. Dort konnte man die Thematik aber weitaus besser verwenden, weil die Nähe zur Masse des Volkes unendlich viel grösser ist.
Richtigen Aufschwung bekam diese Strategie aber erst mit der massenhaften Nutzung des Internets. Trotzdem ignorieren alle politischen Institutionen und Behörden weiterhin die daraus resultierenden Gefahren beharrlich.
Im Untergrund hatte und hat dieses Thema aber noch andere Nutzer: Die Geheimdienste feindlich gesinnter Staaten, vorrangig das MfS / die HVA (DDR), aber auch der gesamte sowjetisch kontrollierte Block. Inzwischen sind Russland und China eifrig involviert. Ich erwähne das aus gutem Grund schon im Vorspann, denn der Komplex "Falscher Verdacht" erzeugt ja nicht alleine "staatsgefährdende Giftstoffe".
Die Rechtsverwahrlosung findet ja nicht nur auf dem Gebiet des Strafrechts statt, es gibt überall brisante Themen. Zudem wird die Rechtsunsicherheit noch zunehmend durch den immer stärker werdenden Einfluss der EU verstärkt. Zusammen mit dem Rückbau sozialer Errungenschaften und der Kürzung der Renten (usw.) entwickelte sich inzwischen eine höchst brisante Gefahr für den unseren Staat.
Leider merken die politischen und behördlichen Verantwortlichen bis heute nicht, dass die Staats- und Politikverdrossenheit nicht durch eine von "Aliens" ausgesandte Staubwolke entstanden ist.
15. Ich erkannte die komplexe Problematik sehr frühzeitig
Bereits in den ersten Tagen meiner dienstlichen Praxis hatte ich ein Erlebnis, das für meine gesamte berufliche Prägung sehr wichtig war. Es ging um einen Fall, der auf der Kippe zwischen Körperverletzung und versuchtem Totschlag stand. Es war eine brisante Lage, weil viele Menschen anwesend waren, die Stimmung war aufgeheizt. Die zunächst tätigen Beamten waren sehr nervös, sie waren von der Situation sichtlich überfordert. Sie verliessen zusehends den Pfad objektiven Handelns und traten von vornherein sehr massiv auf. Sie nahmen einen einzigen Hinweis zum Anlass, blindwütig einen am Ort befindlichen Mann als Täter zu verdächtigen. Sie überprüften den Hinweis weder auf logische Übereinstimmungen noch darauf, ob die überprüfbaren substantiellen / materiellen Details dazu passen könnten.
Ich war zunächst nur unterstützend tätig, griff dann aber regelnd ein, weil ich feststellte, dass sich im Rahmen der ersten Befragung ein verhängnisvolles Wechselspiel entwickelte, in dem der "Tatverdächtige" in einen verhängnisvollen Strudel geriet. Er tat im Prinzip alles, um den bislang vagen Verdacht durch seine eigenen Aussagen zu verstärken, natürlich nicht wissentlich und schon gar nicht absichtlich. Er war durch die Situation völlig überfordert. Seine Einlassungen und sein Verhalten wirkten teilweise sehr paradox, ergaben aber nicht ansatzweise eine logische Übereinstimmung mit dem Tatgeschehen. Zudem fehlten alle Spuren, nicht einmal Blutspuren waren vorhanden, in diesem Fall war eine Übertragung zwingend zu erwarten. Ich konnte den tatsächlichen Täter dann noch in der Nähe des Tatorts festnehmen, bei ihm wurden alle entsprechenden Spuren gefunden, er war geständig. Begonnen hatte das ganze damit, dass zwei "Zeugen" falsche Hinweise geliefert hatten. Ihr Verhalten lag schon auf der Grenze zum bedingten Vorsatz. Es waren ein Mann und eine Frau vom Typ "Kleinkarierte Wichtigtuer ohne Verantwortungsgefühl".
Den falschen Tatverdächtigen habe ich anschliessend eingehend befragt, mich interessierte warum er so seltsam reagiert hatte.
Er sagte, in dem Moment, als er mit dem Verdacht konfrontiert worden wurde "sei so eine Art Buschfeuer" in seinem Kopf ausgebrochen und habe seinen Verstand völlig blockiert. Ihm fehle auch jegliche Erinnerung bezüglich seiner eigenen Äusserungen. Die sofortige massive Vorgehensweise der zuerst einschreitenden Beamten habe bei ihm aber sogar die "kurz anhaltende Befürchtung" ausgelöst, er könne >irgendetwas< Unrechtes begangen haben.
Eine kurze Anmerkung zu den beiden Beamten. Sie hassten an ihrem Beruf nur einen Aspekt: Jede konkrete dienstliche Tätigkeit zwischen Dienstbeginn und Dienstende. Weitere Erklärungen muss ich wohl nicht anfügen.
Der Betroffene war völlig integer, er war bisher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und konnte sehr eindrucksvoll schildern, was dieser falsche Verdacht in ihm ausgelöst hatte. Seine Schilderungen vermittelten Erkenntnisse, die man auch in 5 Jahren Studium nicht erlangen kann. Wenn man einen solchen Fall live erlebt hat, dann müsste das bei jedem verantwortungsbewussten Beamten oder Richter ein unlöschbares Warnlicht anzünden. Bei mir war das der Fall. Das hat mich in meiner ganzen Laufbahn vor fehlerhaften Ermittlungen bewahrt.
Es folgten immer wieder ähnliche Fälle. Es bestätigte sich stets, dass besonders bei Betroffenen, die in einer akuten Lage ohne jegliche Vorabklärung unangemessen massiv / aggressiv mit einem falschen Verdacht konfrontiert wurden, die gleiche Verwirrung eintrat.
Durch die Analyse zahlreicher Fälle, in denen sich ein Verdacht als falsch herausstellte, konnte ich feststellen, dass die Betroffenen vielfach grosse Probleme hatten, die tatsachenwidrigen Vorwürfe zeitnah zu entkräften. Beim Vergleich mit Fällen, in denen tatsächlichen Straftätern eröffnet wurde was ihnen vorgeworfen wird, stellte sich heraus, dass diese vielfach im Vorteil waren. Nicht selten konnten sie durch geschicktes Taktieren den Kopf zunächst oder auch nachhaltig aus der Schlinge ziehen, weil sie gezielt auf kritische Fragen reagieren konnte.
Meine Untersuchungen erfassten viele Fälle über viele Jahre und das ist das Ergebnis:
Im Zweifelsfall hat jeder tatsächliche Straftäter
eine mindestens hundertfach bessere Chance,
sich der Strafverfolgung zu entziehen,
als dass sich ein Mensch ohne grossen Aufwand aus der Zwickmühle befreien kann,
in die er durch einen falschen Verdacht geraten ist.
Der tatsächliche Straftäter
kann durch geschickte Lügen ausweichen,
ihm können Ablenkungsmanöver und Ausflüchte helfen.
Wer durch einen falschen Verdacht belastet wird
hat diese Chance nicht.
Lügen kann er schon deshalb nicht, weil er nicht weiss wo und wie.
Schweigen nützt ihm auch nichts, das verstärkt nur den Verdacht.
Wenn er auch noch Ermittlern in die Hände gefallen ist,
die nur den Fall so schnell wie möglich abschliessen wollen
und die fahrlässig oder vorsätzlich
die Logik, die Gesetze und alle kriminalwissenschaftlichen Parameter missachten,
die vielleicht auch noch befangen sind,
dann sind seine Chancen auf baldige Rehabilitierung schlechter
als die Chancen zur Flucht für einen Regenwurm,
der sich schon Magen eines Raubfisches befindet.
Es ist paradox, aber eine Tatsache:
Beim Vergleich der Bedingungen für echte und falsche Tatverdächtige
war eindeutig erkennbar, dass die irrtümlich beschuldigten Tatverdächtigen
häufig länger und härter unter Druck gesetzt wurden
als die wirklichen Täter.
Ein echter Straftäter hat letztlich immer eine Trumpfkarte in der Hinterhand:
Er könnte gestehen und sich dadurch Vorteile verschaffen.
Der falsch Verdächtigte hat eine solche Karte nicht,
er kann nichts gestehen,
demzufolge wird er als uneinsichtig eingestuft
und dann geht die Hatz richtig los…
©By Hans-Günter Brasche 2015
Im Rahmen meiner Forschungen, die schon von vornherein auch auf das Thema "Falscher Verdacht" ausgedehnt worden waren, konnte ich diese Erkenntnisse weiter vertiefen. In einem Buch, Arbeitstitel: Polizei im Rechtsstaat, wollte ich spätestens 1994 auch meine Erkenntnisse zum Thema "Falscher Verdacht" veröffentlichen. Darüber hinaus hatte ich die vielen Schwachstellen untersucht, die unser System der Strafrechtpflege so angreifbar machen. Das fertige Manuskript verschwand in der Nach zum 29.11.1993, nach einem heimtückischen Anschlag auf dem Gelände meiner Dienststelle. Ich schrieb ein neues Manuskript. Am 21.04.1997 verschwand auch das neue Manuskript aus meinem Arbeitszimmer. Auch weitere Manuskripte mit ähnlichen Themen waren verschwunden. Natürlich inklusive aller Sicherungs-Datenträger. Deshalb veröffentliche ich jetzt die wichtigen Themen zunächst alle online.
Ich widme diesem Thema seit Anfang der 1980er Jahre sehr viel Aufmerksamkeit. Ein wesentlicher Impuls wurde durch das Buch von Regina Lange ausgelöst: "Fehlerquellen im Ermittlungsverfahren", Kriminalistik-Verlag, Heidelberg, ISBN 3-7832-0480-1. In diesem Buch wurden 110 Wiederaufnahmeverfahren ausgewertet. Das Projekt wurde von der Forschungsstelle für Strafprozess und Strafverfolgung der Universität Tübingen bearbeitet. Diese Erkenntnisse deckten sich mit den Beobachtungen, die ich schon lange in der Praxis sorgfältig dokumentierte. Dadurch konnte ich auch meine These von der "Inhomogenität der Strafrechtspflege" weiter untermauern. Ich erkannte, dass sich zwischen allen Institutionen, die an einem Strafverfahren mitwirken, immer grössere Lücken bezüglich der Koordinierung, der gegenseitigen Akzeptanz und des Verständnisses aufbauten. Ich begann auch unverzüglich mit dem Start eines Projektes, mit dem ich Abhilfe schaffen wollte. Die konkrete Weiterführung wurde jedoch in der Nacht zum 29.11.1993 erstmal "schlagartig" ausgebremst.
Es waren nicht nur die schlimmen Folgen für die unmittelbar Betroffenen, die mich alarmierten, vielmehr erkannte ich schon nach kurzer Zeit, dass jeder Einzelfall eine multiple Folgenkette hinterher zieht, wodurch Gefahren für den Rechtsstaat entstehen. In den Jahren zuvor war mir schon im Rahmen dienstlicher Tätigkeiten aufgefallen wie häufig es derartige Fälle gibt. Es gab damals schon deutliche Anzeichen dafür, dass die Häufigkeit einen progressiven Verlauf nehmen wird.
Zudem stellte ich gleichzeitig fest, dass die Bedeutung der berufsethischen Grundsätze innerhalb der Polizei, der Staatsanwaltschaften und der Strafgerichte bei Polizeibeamten, Staatsanwälten und Strafrichtern in einen rapide zunehmenden Sinkflug gegangen war.
Ich will nicht behaupten, dass die Beachtung ethischer Grundsätze im Bereich der Strafrechtspflege jemals überhaupt eine besondere Bedeutung hatte, aber der rasch fortschreitende Verrottungsprozess fiel trotzdem auf. Ich war beileibe nicht der einzige dem das auffiel, aber die Gleichgültigkeit war bereits das Mass der Dinge geworden, sie tötete das Verantwortungsbewusstsein immer gründlicher. Polizeibeamten, Staatsanwälten und Strafrichtern, die Anfang der 1980er am Ende eines Tages mal laut darüber nachdachten, ob alles richtig war, was in den letzten Stunden passierte, empfahl man mit spöttischem Grinsen "auf Sozialarbeiter" umzusatteln.
In dieser schon prekären Lage kam es dann auch noch zu Verflechtungen mit anderen Problemen. Immer häufiger torpedierten inzwischen viele "anarchistisch / links gestrickte" Agitatoren die sachgerechte Arbeit der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte. Jeder Beamte und Richter, der konkludent und konsequent handelte, wurde immer häufiger als "obrigkeitshöriger Büttel, Scherge oder sogar Nazi" beschimpft.
Brisant war: Die grössten Probleme waren internen Ursprungs. Immer mehr Personen aus der APO (Ausser-Parlamentarische-Opposition) hatten inzwischen, den angekündigten "Marsch in und durch die Institutionen" in die Tat umgesetzt, waren Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter geworden. Die stellten nun Recht und Unrecht auf den Kopf und es gelang ihnen immer häufiger, das gesamte System der Strafrechtspflege zu blockieren, vorsätzlich oder auf Grund "fehlerhafter Programmierung". Die Grabenkämpfe, die damals begannen, setzten die Ursachen für die vielen gegenwärtigen Probleme.
Je weiter und tiefer ich die Entwicklung erforschte, desto mehr Problemfelder und Verstrickungen erkannte ich. Ich werde das im weiteren Verlauf und unter anderen Überschriften noch näher ausführen.
16. Die Wurzeln dieses Problems
Die Grundursache für die heutigen Schwierigkeiten mit dem Thema Recht und Unrecht entstanden weit oberhalb aller konkreten Einzelfälle. Die zunehmende Zahl von Einzelfällen, in denen der Staat seine Pflichten bezüglich der Gewährleistung von Recht und Gesetz verletzt, ist auf die Veränderungen zurückzuführen, die seit 1968 unser ganzes Gesellschaftssystem vielschichtig und überlagernd umkrempeln und gefährlich untergraben. Seit dieser Zeit schwindet die Rechtssicherheit immer mehr, weil die "Sterilität", die für die neutrale Klärung aller juristischen Fragen notwendig ist, absolut nicht mehr gegeben ist.
Anmerkung: Der letzte Absatz bezieht sich ausnahmsweise nicht nur auf das Thema falscher Verdacht. Hier ist auch die Tatsache einbezogen, dass es immer mehr Straftätern gelingt, sich der Verantwortung vor Gericht zu entziehen oder die sogar im Fall schwerer Straftaten mit einer lächerlichen Geldbusse davon kommen.
Daraus resultiert wiederum auch die Tatsache, dass auch immer häufiger Beamte und Richter nicht die Folgen tragen müssen, die ihnen auf Grund schwerer Pflichtverletzungen im Amt von Gesetzes wegen eigentlich drohen. Auch sie können sich deshalb immer häufiger einem Strafverfahren entziehen.
Diese Wirkungskreisläufe haben die "scheinbaren Weltverbesserer der 1960er Jahre" auf Grund ihrer tiefgründigen geistigen und sozialen Beschränktheit nicht einkalkuliert.
Über die Folgen jammern inzwischen diejenigen am meisten, die sich Ende der 1960er Jahre am eifrigsten für die Abschaffung unseres Kultur- und Wertesystems engagiert hatten.
Es sind sehr komplexe Prozesse, die dadurch ausgelöst wurden, dass ab Mitte der 1960er Jahre zunächst die Wertigkeit aller allgemein gültigen ethischen Grundsätze verwässert wurde. Es dauerte nicht lange und es begann auch ein galoppierender Niedergang der berufsethischen Grundsätze. Der Wert berufsethischer Grundsätze sank sehr bald auf einen Stand der noch niedriger lag als der Level des allgemeinen Werteverlustes.
Die Folgen in den Behörden, besonders solchen mit Sicherheitsaufgaben, den Staatsanwaltschaften und Gerichten waren und sind katastrophal.
1981, nach einem Jahr intensiver Forschung konnte ich mit Hilfe der Mitglieder des unterstützenden Netzwerks die banale aber niederschmetternde Hauptursache für den steilen Niedergang der berufsethischen Grundsätze präsentieren.
Durch die Verwässerung der allgemein anerkannten ethischen Grundsätze, die nach 1968 stark beschleunigt ablief, fühlten sich grosse Teile der Bevölkerung plötzlich "befreit von allen Fesseln der sogenannten Spiesser-Gesellschaft". Irgendwie war es plötzlich "angesagt und modern", sich als völlig befreit von allen "bürgerlichen Zwängen" zu präsentieren.
Die Beamten und Richter, die ja damals durch das Beamten-und Richterrecht noch viel stärker in einen engen Rahmen gepresst waren als alle anderen Bürger, auch in der Freizeit, blickten neidvoll auf den Rest der Bevölkerung. Also gingen sie auf die Überholspur und "befreiten sich auch von allen lästigen Fesseln", durch die sie bis dahin noch zu eigenverantwortlichem Handeln und einem würdigen Allgemeinverhalten gezwungen waren. Aber sie machten das viel gründlicher.
So ist das eben, nichts passiert ohne Folgen und Reaktionen. Das sollten sich auch die Neurotiker hinter die Ohren schreiben, die auch gegenwärtig ständig von Reformen und Modernisierung reden, allerdings auch wiederum, wie die 68er, ohne den erforderlichen Weitblick und ohne konkrete Pläne und Ziele.
Es ist nur der erste Anriss eines komplexen Themas. Ich werde diese Zusammenhänge an anderer Stelle in einem erweiterten Rahmen darstellen. Der rücksichtslose Umgang mit Menschen, die durch einen falschen Verdacht geschädigt wurden, ist ja nicht das einzige Problem, das durch den weitgehenden Untergang unseres Kultur- und Wertesystems entstanden ist. Eine weitere zentrale Folge war die ungebremste Ausdehnung der vollflächigen Korruption. Daraus entwickelte sich ein Ursachenbündel, das dazu beigetragen hat, dass sich unser Staat inzwischen im Zustand einer tiefgründigen Rechts-Verwahrlosung befindet.
Ich wollte durch diese ersten Anmerkungen dafür sorgen, dass die Suche nach den Ursachen nicht von vornherein auf dem falschen Gleis endet.
17. Meine eigenen Grundsätze
Schon als Kind habe ich es niemals hingenommen, wenn mir zu Unrecht irgendeine Verfehlung angelastet wurde. Aber es machte mich auch stets betroffen, wenn anderen Unrecht widerfuhr und ich habe versucht zu helfen. Es war für mich deshalb auch schon vor Beginn meiner ersten dienstlichen Tätigkeit in der Praxis eins der wichtigsten Gebote, niemals selbst Unrecht zu begehen oder andere darin zu unterstützen. Mir war damals allerdings noch nicht so klar wie heute, dass dieses Gebot mehr oder weniger zu einer täglichen Aufgabe werden würde.
Schon in den ersten drei Jahren meiner theoretischen Ausbildung bei der Landespolizei in Niedersachsen erkannte ich, dass Recht und Gerechtigkeit den allerhöchsten Stellwert in einem Staat haben müssen. Das wurde auch in allen Rechtsfächern täglich laut getrommelt. Dieser Gedanke brannte sich bei mir aber offensichtlich viel tiefer ein, als das bei vielen anderen Beamten und Richtern der Fall war. Ich konnte später auch feststellen (im Rahmen der weiteren jahrelangen theoretischen Ausbildung), dass andere Beamte (Richter) derartige Gebote durchaus schon mal ignorierten. Das war vielfach schon grenzwertig.
Allerdings war das noch gar nichts gegen die Erfahrungen im Rahmen der praktischen Arbeit. Ich erkannte, dass viele Beamte und Richter die Gesetze oftmals nur noch als allgemeine "Denkmuster" oder "Handlungsempfehlungen" ansahen. Es gab deswegen mehr als einmal Konflikte.
Ich will hier allerdings nicht den Eindruck vermitteln, dass ich als Gott der irdischen Gerechtigkeit auftrat und mit dem Flammenschwert herumgefuchtelt habe. Ich bin absoluter Realist und verfolge nur solche Ziele, die auch wirklich umsetzbar sind. Die Grundsätze galten (und gelten) in erster Linie für mein eigenes Handeln und für die Fälle, in denen ich mitwirkte oder die Verantwortung trug. Aber schon das reichte immer mal wieder aus, um mich "unbeliebt zu machen".
Ein ebenfalls leitender Beamter wollte Mitte der 1980er Jahre verhindern, dass ich in seine Behörde versetzt werde.
Begründung: "Herr Brasche erzeugt immer wieder soziale Unruhe.
Er stellt Mass-Stäbe auf, die niemand erfüllen kann und vor allem auch gar nicht will".
Ahnen sie jetzt, weshalb meine Bücher verschwunden sind?
Einige Jahre vorher (Anfang der 1980er Jahre) war ich, bedingt durch einen dienstlichen Anlass, mit einigen ehrenwerten Professoren der BWG (Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft) in eine längere tiefgründige Diskussion abgeglitten. Es waren durchgehend schon recht betagte emeritierte Professoren. Ich war damals im Stabsbereich der Abteilung Kriminalpolizei in Braunschweig tätig.
Sie wollten viel über die allgemeine Lage innerhalb der Sicherheitsbehörden (Polizei usw.) wissen. Ausserdem wollten sie wissen, in welchem Mass das Handeln der Justiz die gesetzlichen Aufträge der Polizei unterstützt. Letztlich wollten sie auch etwas über meine eigenen Erfahrungen, meine berufsethische Grundsätze und meine Philosophie erfahren. So, wie ich bin, redete ich frei und offen über die Grundsätze, die meine Arbeit bestimmen.
Nach einiger Zeit sahen sich plötzlich alle sehr erschrocken an und sagten wie aus einem Mund: Herr Brasche, sie haben sich auf einen sehr gefährlichen Weg begeben. Ihre Gedanken sind völlig richtig, ihren Weg beschreiten sie offensichtlich aus Überzeugung und mit sehr viel Mut. Aber wenn sie den weitergehen, dann werden sie bald in Lebensgefahr schweben.
"In ihrem jetzigen Tätigkeitsbereich wird man bald versuchen, sie aus dem Weg zu räumen. Da kann man keine Idealisten gebrauchen, da will man nur bedenkenfreie Vollstrecker".
Schliessen Sie ihr Jura-Studium ab und übernehmen am besten einen Lehrstuhl für Rechts-Philosophie, dann können sie viel mehr erreichen und sind aus der Gefahrenzone.
Ich war zunächst etwas empört, weil ich meinen Berufsstand zu Unrecht am Pranger sah. Im Verlauf der weiteren Diskussion untermauerten sie ihre Ausführungen aber so deutlich, dass ich sehr nachdenklich wurde. Letztlich war es ein weiterer Impuls für die Ausdehnung meiner Forschungen, die sie auch unterstützten. Mir wurde klar, dass ich immer noch zu "tafelblind und zu blauäugig" war, wenn ich den Zustand im System der Justiz und der inneren Sicherheit beschrieb.
Ich habe danach allerdings kaum noch über meine grundsätzliche Einstellung gesprochen. Allerdings konnte und wollte ich meine Grundsätze in der dienstlichen Praxis nicht über Bord werfen.
So behielten die Herren Professoren aus der Diskussionsrunde am Ende doch Recht… In der Nacht zum 29.11.1993 wurde ich Opfer eines Anschlags auf dem Gelände meiner Dienstelle.
...
Ich gehe davon aus, dass Sie inzwischen erkannt haben, dass ein falscher Verdacht kein Problem ist, durch das nur einzelne Menschen "vorübergehend" belastet werden.
In den folgenden Unterabschnitten geht es um konkrete Fragen zu diesem Thema.
2015, aktualisiert: 14.06.2015, >25.10.2015
Version 003,
Weiter geht es mit diesen Themen:
D 20.1 - Falscher Verdacht - Grundsatzfragen
D 20.2 - Grundsätzliche Probleme für Betroffene
D 20.3 - Ablauf eines Strafverfahrens
D 20.4 - Falscher Verdacht - Verurteilt
D 20.5 - Falscher Verdacht - Rechtsmittel
D 20.6 - Falscher Verdacht - Wiederaufnahme
D 20.7 - weitere Unterthemen geplant